Volkstrauertag in Ramlingen: Bewegende Gedenkstunde auf dem Friedhof
Am vergangenen Sonntag fand in Ramlingen eine würdige, erneut gut besuchte Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag statt, der inzwischen nicht nur den gefallenen Soldaten gewidmet ist, sondern an alle Opfer von Krieg und Gewalt erinnert.
Bereits während des Gottesdienstes in der Ramlinger Kapelle hatte Pastor Bertram Sauppe in seiner Predigt den Blick auf die Ursachen von Gewalt und Krieg gerichtet und die Notwendigkeit betont, sich für den Friedens einzusetzen. Das spiegelte sich auch in den abschließenden Fürbitten wider, die von den örtlichen Konfirmanden formuliert worden waren. Diese hatten sich im Rahmen des Unterrichts mit den Themen Krieg und Frieden, aber auch mit der Geschichte des Dorfes und des Gefallenendenkmals auf dem Ramlinger Friedhof beschäftigt.
Angeführt von der Freiwilligen Feuerwehr Ramlingen-Ehlershausen, die einen Gedenkkranz vorantrug, begaben sich die Mitglieder des Ortsrats anschließend zusammen mit zahlreichen Menschen zum Denkmal auf dem Friedhof, wo Ortsbürgermeister Wolfram Nolte nach einem einführenden Bläser-Choral des Feuerwehr-Musikzugs die Anwesenden begrüßte. Er bedankte sich besonders bei der Freiwilligen Feuerwehr und den Konfirmanden für die Beteiligung an der Zeremonie.
In einer kurzen Einführung skizzierte er die historische und aktuelle Bedeutung dieses Tages, dessen Entstehung von Verband Deutsche Kriegsgräberfürsorge vor hundert Jahren, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, initiiert worden war. Er schloss mit einem Zitat des Sozialdemokraten August Bebel: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart richtig deuten und die Zukunft besser gestalten.“
Ortsrat Sven Voigt berichtete im Anschluss an eine Schweigeminute vom Schicksal Rozalia Genzas, die während des 2. Weltkriegs als junge Frau über mehrere Jahre in Ramlingen als Zwangsarbeiterin beschäftigt war, so wie insgesamt über 160 weitere Menschen vor allem aus Polen, Russland und der Ukraine. Sein Bericht ist in unten angefügten PDF nachzulesen.
Das Leben Rozalias verband sich auf besonders tiefe und tragische Weise mit dem Dorf, weil sie in Ramlingen nicht nur ihren späteren Ehemann, den ebenfalls als Zwangsarbeiter beschäftigten Leon Filipiak kennenlernte, sondern hier vor 80 Jahren auch das eigene Kind beerdigen musste, ihren nur vier Monate alten Sohn Zbyszek, dessen Grab sich nur wenige Meter vom Gefallenendenkmal entfernt auf dem Friedhof befindet.
Noch ergreifender wurde dieser außerordentliche Lebensbericht durch den Umstand, dass sich mit Katarzyna Socha eine Enkelin Rozalias nach Ramlingen aufgemacht hatte, um gemeinsam mit ihrem nach dem Urgroßvater benannten Sohn Leon der Gedenkfeier beizuwohnen; sie wurden von Sven Voigt herzlich begrüßt.
Nach dem von Konfirmanden gesprochenen Totengedenken verabschiedete Wolfram Nolte die sichtlich bewegten und nachdenklichen Besucher mit dem Wunsch, dass aus dem Gedenken anlässlich dieses Tages auch Zuversicht und Hoffnung erwachsen können: „Der Kranz darf uns nicht nur an die Opfer erinnern, sondern muss auch für Frieden stehen, heute und in Zukunft.“
Eine Geschichte zum Volkstrauertag am 17.11.24